Der Vinschger 4/06

Lyriktage in Mals
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dichter innen lesen – Lyriktage in Mals
Lyriktage Mals 2006
dervinschger.it vom 23.01.2006

tolerante Toleranz

toll, er rannte
wie rannte er toll
durch tolerante Menschen

dieser Troll, lacht am Rande
am Rand steht der Troll
und fühlt sich allein

lehr Toleranz, sagte man ihm
lehr sie und toll dich zum Rande
für dich ist kein Platz

Tanja Raich,
aus der Lyrikanthologie, 2006

Mals – Tanja Raich war die erste der sechs jungen Frauen, die bei den Lyriktagen in Mals in der Bibliothek gelesen hat, bei der Eröffnung (unter anderem auch oben abgedrucktes Gedicht). Am Donnerstag, 23. Februar, um 20 Uhr, wird Kathrin Mayr aus Laatsch ihre Gedichte vortragen.
Tanja Raich aus Lana hat mit ihrer samtigen Stimme und tiefem Ton den Zuhörer bewegt. Passend zu ihrer Lyrik spielte eine leise Musik auf Tonband, Lichtbilder wurden vorgeführt. Sie soll das erste Mal öffentlich gelesen haben, es ist ihr durchaus gelungen. Sie ist 1986 geboren, studiert Germanistik und Geschichte an der Universität in Wien. Tanja Raich hat einige Gedichte in Anthologien veröffentlicht.
Wieso gibt es die Lyriktage in Mals? Dank Hans Perting, selbst Autor und Literaturkenner und, vor allem, Literaturliebhaber. Bekannt ist Hans Perting auch als der Apotheker von Mals, Johannes Fragner Unterpertinger. Mitunterstützt wird er vom Bildungsausschuss Mals und dessen Vorsitzender Sibille Tschenett, die zugleich Gemeindereferentin in Mals ist. Sie hat bei der Eröffnung Gruß- und Dankesworte gesprochen.
Die Landesrätin für Kultur, Sabina Kasslatter Mur, freute sich über die Veranstaltungsreihe in Mals und dass dieses erste „Malser Festival“ ausschließlich weiblich besetzt sei. Südtirol könne stolz sein auf das literarische Schaffen, da es verhältnismäßig viele Autoren gebe. Es sei dies ein Mittel zur Sprachförderung: „Auch ich setze viel darauf“, sagte sie. Grußworte überbrachte auch Stella Avallone, die Direktorin des Österreichischen Kulturforums Mailand des Österreichischen Generalkonsulats.
Sehr gut eingeleitet hat Hans Perting die Lyriktage 2006 in Mals. Es sei dies ein Versuch für den Bildungsausschuss Mals und die Hans-Perting-Buchwerkstatt, ein derartiges Symposium zu organisieren. „Wir wollen ein kleines Literatur-Forum sein und ein kleines Literatur-Forum bieten“, sagte Perting. Mit einem Streifzug durch die Geschichte der Lyrik veranschaulichte er deren Begriff und Werdegang.
Lyrik stammt aus dem griechischen „lyra“ (gesungenes Lied). Weiters erwähnte er deren Bedeutung im Mittelalter mit dem höfisch-ritterlichen Minnelied und der Spruchdichtung bis herauf nach der Zeit nach Martin Luther über den Barock bis hin zur modernen Lyrik. Die Gattung Lyrik ist erst seit dem 18. Jahrhundert gebräuchlich, lyrische Texte werden auch als Gedichte bezeichnet. Über die Literaturclips des 21. Jahrhunderts sprach Hans Perting ebenso, die Lyrik der heutigen Zeit nach der Digitalisierung. Er berichtete zudem über eine Umfrage in Deutschland des Meinungsforschungsinstitutes „polis“ vom März 2005. Die Lyrik schnitt dabei nicht gut ab.
„Zu hören und zu lesen, was junge Frauen von heute zu sagen haben, und wie sie es uns mit ihrer Lyrik mitteilen“, das bietet dieses kleine Kulturforum in Mals, das am ersten Abend aber schon ganz groß gewirkt hat. Dicht gedrängt saßen die Leute auf den Stühlen, auf Bänken, auf dem Boden oder standen und hörten gebannt zu. Eine Frau aus Mals sagte am Ende der Lesung: „Schade, ich hätte noch länger zugehört.“
Ruth Schönthaler hatte den Raum dekoriert; sie ist in der Bibliothek Mals tätig. Das Motto „dichter-innen-lesen“ stammt von Autorin Selma Mahlknecht. Nach den jeweiligen Lesungen wird die Lyrikanthologie gegen eine freiwillige Spende angeboten. (dany)

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