Der Vinschger 8/06

Lyriktage in Mals
www.dervinschger.it: Kultur – Literatur
Letzte Lyrik-Lesung mit „Zuhörer-Boom“

warten auf damaskus
erleuchtungslicht

Maria Raffeiner - Lyriktage Mals 2006
Lyriktage Mals 2006

kommunion klebt im mund
am kaugummi
kann ihn nicht immer
unbemerkt schlucken
bevor ich empfange
verklebt den magen
vermengen sich dort trotzdem
kaugummikommunion
alte hostie alter pfarrer alte kirche
gehe hin um damaskus zu empfangen
heute ist aber die neben mir dran
atmet laut
damit ich es höre
grinst beglückt
bläht die wange
hängt mit flügeln ob der kanzel
damaskus für sie
es liegt am kaugummi

Maria Raffeiner,
aus der Lyrikanthologie, 2006


Mals – Angenehm überrascht von den 140 Zuhörern am letzten Lyrikabend in Mals war Johannes Fragner Unterpertinger (in arte Hans Perting), aber nicht nur er. Die junge Maria Raffeiner aus Tschengls hatte auch ihre Freunde aus Innsbruck und Wien eingeladen, und sie sind alle gekommen. Maria Raffeiner studiert Germanistik in Wien.
Musikalisch begleitete sie Patrick Strobl aus Schlanders, Mitglied der „Crazy Cangoos“. Raffeiner schnitt alle jene Themen an, die uns selbst und die Gesellschaft bewegen. In knapper, strenger Form, verdichtete Maria Raffeiner ihre Aussagen und bezog sich auf das „lyrische Ich“. Sie unterstrich ihre knappe Ausdruckskraft mit Pausen zwischen ihren Gedichten, damit der Zuhörer gleich noch einmal in sich „hineinhören“ konnte. Ganz im Kontrast dazu standen die englischen Songs von Patrick Strobl auf der Gitarre.

Johannes Fragner Unterpertinger freut sich über den Erfolg der Lyriktage: „Diesen habe ich mir so nicht erwartet“, sagt er dem „Vinschger“ auf Anfrage. Sollte er vom Bildungsausschuss Mals wieder gefragt werden, werde er gerne wieder etwas organisieren. Die finanzielle Unterstützung des Bildungsausschusses sei wichtig gewesen. Sibille Tschenett, die Vorsitzende des Bildungsausschusses Mals und Gemeinderferentin, sagte dem „Vinschger“: „Ich kann mir nicht erklären, woher der Erfolg kam, aber er war da. Ich kann mir sicher vorstellen, dass wir im nächsten Jahr wieder etwas veranstalten, vielleicht Lesungen in Prosa.“
Ausschlaggebend hierfür sei die Zusammenarbeit mit Johannes Fragner Unterpertinger. Landesrätin Sabina Kasslatter Mur, die bei der Eröffnung der Lyriktage in Mals anwesend gewesen war, bezieht sich auf ihre Rede, als sie gesagt hatte, dass der Vinschgau offensichtlich noch immer das Tal sei, das der Kreativität speziellen Raum biete.
Zudem hatte sie betont, dass dieses erste „Malser Festival“ ausschließlich weiblich besetzt sei. Junge, begabte Lyrikerinnen aus dem Vinschgau bzw. mit einem Vinschgau-Bezug hätten ein Forum gehabt, ihre Wortschöpfungen zu präsentieren. „Gerade für junge und zumeist noch wenig bekannte Autorinnen eine konkrete Chance, sich einer breiteren Öffentlichkeit zu stellen“. (dany)

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