Süddeutsche Zeitung

Presse: Süddeutsche Zeitung – 12.10.2007

Neues aus Tirolensien

Herbert Rosendorfer und sein Landsmann
Hans Perting lesen in Ottobrunn

Ottobrunn – „Rätselhaft, verschlüsselt“ sei er, der Vinschgau, „eine geheimnisvolle Welt“, schildert Herbert Rosendorfer den Zuhörern in der Gemeindebücherei seine Heimat. Der Schriftsteller und Jurist wurde 1934 in Bozen geboren und lebt seit seiner Pensionierung 1997 wieder in Südtirol. Gemeinsam mit dem jungen Autor Hans Perting aus Mals im Obervinschgau hat er dem Publikum diese „dunkle Welt“ jetzt sprachlich näher gebracht.

„Monolog in Schwarz“ heißt Rosendorfers 2007 erschienener Erzählband über die kleinen und großen Lügen, die Absurditäten des Lebens. Ist der Grundtenor seiner Erzählungen gewohnt skurril, humoristisch und phantastisch, sind die Erzählungen und freien Verse im Band „Der Kranich“ seines Landsmanns Perting eher ernst, kantig, wenngleich romantisch-geheimnisvoll. Das Bedrohliche, Dunkle erreicht den Leser direkt. So etwa bei der Schilderung der Welt des Helden Raetho Klammsteiner, die „fünf Stunden lang“ ist, „Von Hochalt bis Sonnberg. / Zwölf Höfe, eine Pfarrei, ein Schloss“. So erinnert diese Ortsbeschreibung an die Begrenztheit des mythischen „Valangatals im Vintschgau“, anhand dessen Perting die Geschichte Südtirols vor und nach dem Zweiten Weltkrieg erzählt. Grenzen überwinden kann abgesehen vom Kranich – dem Wappentier des Grafen von Sonnberg – nur Raethos Onkel Valentin, als Bergführer und Schmuggler ein „Grenzgänger“, der mehrere Sprachen spricht. „Sprachen verschieben Grenzen ins Unendliche“, lässt der Südtiroler Autor seinen Helden sagen und tut dies mittels seiner reduzierten, musikalischen und in diesem Sinne romantischen Sprachform selbst.
Rosendorfers „Monolog des Kunstprofessors“, wie eine der 15 Erzählungen aus seinem neuen Buch heißt, kommt im scheinbar belanglosen Plauderton daher. Der Professor stellt Filzanzüge in Beuysscher Manier aus, in das „Loch im Museumsboden“ stürzt ausgerechnet ein Jurist. Prozess folgt. Doch hinter den originellen Ausschweifungen des Textes verbirgt sich auch hier das Absurde eines sich immer stärker prostituierenden Kunstbetriebes. Rosendorfers außergewöhnliche Phantasie, sein Wortwitz konnten die Zuhörer an diesem Abend zudem bei Auszügen aus seinem „Klassiker“ von 1976, „Großes Solo für Anton“, genießen.

FRANZISKA GÜNTHER
Süddeutsche Zeitung

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.