STOL 23.01.2006

dichter innen lesen -Lyriktage in Mals
www.stol.it: Kultur – Literatur
Lyriktage Mals 2006
stol.it vom 23.01.2006

dichter innen lesen – Lyriktage in Mals

„Dichterinnen lesen, dichter innen lesen, lesen innen Dichter, Dichter innen lesen, Dichter lesen innen, innen lesen Dichter…“ Unter diesen verdichteten Mottos und Wortspielen werden sechs junge Frauen aus dem Vinschgau oder mit Vinschgau-Bezug von Februar bis April in Mals ihre lyrischen Arbeiten vorstellen.

Die Lesungen finden in der Bibliothek von Mals um 20 Uhr statt und dauern ca. eine halbe Stunde. Jede Lyrikerin gestaltet ihre Lesung nach eigener Vorstellung. Der Eintritt ist frei.

Anbei finden Sie die einzelnen Termine:

Tanja Raich, Lana und Wien – 9. Februar

Kathrin Mayr, Laatsch und Wien – 23. Februar

Lussy Cologna-Polizeli, Prad am Stilfser Joch und Brasilien – 9. März

Selma Mahlknecht, Latsch und Wien – 23. März

Maria Raffeiner, Tschengels und Wien – 6. April

Sandra Stigger, Reschen und Urbach 21. April

Parallel zu den Lesungen wurde von Hans Perting eine kleine Lyrikanthologie mit je drei Gedichten der jungen Frauen in der Hans-Perting-Buchwerkstatt herausgegeben. Dieser kleine Gedichtband wird bei den Lesungen gegen eine freiwillige Spende erhältlich sein.

Den Ehrenschutz der Veranstaltung haben die Generalkonsulin der Österreichischen Republik in Mailand, Eva-Maria Ziegler, und das Kulturforum Mailand des Österreichischen Generalkonsulats übernommen.

Montag, 23. Januar 2006
Kategorie: Kultur – Literatur

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www.stol.it/nachrichten/
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Veranstaltung:
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Der Vinschger 4/06

Lyriktage in Mals
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dichter innen lesen – Lyriktage in Mals
Lyriktage Mals 2006
dervinschger.it vom 23.01.2006

tolerante Toleranz

toll, er rannte
wie rannte er toll
durch tolerante Menschen

dieser Troll, lacht am Rande
am Rand steht der Troll
und fühlt sich allein

lehr Toleranz, sagte man ihm
lehr sie und toll dich zum Rande
für dich ist kein Platz

Tanja Raich,
aus der Lyrikanthologie, 2006

Mals – Tanja Raich war die erste der sechs jungen Frauen, die bei den Lyriktagen in Mals in der Bibliothek gelesen hat, bei der Eröffnung (unter anderem auch oben abgedrucktes Gedicht). Am Donnerstag, 23. Februar, um 20 Uhr, wird Kathrin Mayr aus Laatsch ihre Gedichte vortragen.
Tanja Raich aus Lana hat mit ihrer samtigen Stimme und tiefem Ton den Zuhörer bewegt. Passend zu ihrer Lyrik spielte eine leise Musik auf Tonband, Lichtbilder wurden vorgeführt. Sie soll das erste Mal öffentlich gelesen haben, es ist ihr durchaus gelungen. Sie ist 1986 geboren, studiert Germanistik und Geschichte an der Universität in Wien. Tanja Raich hat einige Gedichte in Anthologien veröffentlicht.
Wieso gibt es die Lyriktage in Mals? Dank Hans Perting, selbst Autor und Literaturkenner und, vor allem, Literaturliebhaber. Bekannt ist Hans Perting auch als der Apotheker von Mals, Johannes Fragner Unterpertinger. Mitunterstützt wird er vom Bildungsausschuss Mals und dessen Vorsitzender Sibille Tschenett, die zugleich Gemeindereferentin in Mals ist. Sie hat bei der Eröffnung Gruß- und Dankesworte gesprochen.
Die Landesrätin für Kultur, Sabina Kasslatter Mur, freute sich über die Veranstaltungsreihe in Mals und dass dieses erste „Malser Festival“ ausschließlich weiblich besetzt sei. Südtirol könne stolz sein auf das literarische Schaffen, da es verhältnismäßig viele Autoren gebe. Es sei dies ein Mittel zur Sprachförderung: „Auch ich setze viel darauf“, sagte sie. Grußworte überbrachte auch Stella Avallone, die Direktorin des Österreichischen Kulturforums Mailand des Österreichischen Generalkonsulats.
Sehr gut eingeleitet hat Hans Perting die Lyriktage 2006 in Mals. Es sei dies ein Versuch für den Bildungsausschuss Mals und die Hans-Perting-Buchwerkstatt, ein derartiges Symposium zu organisieren. „Wir wollen ein kleines Literatur-Forum sein und ein kleines Literatur-Forum bieten“, sagte Perting. Mit einem Streifzug durch die Geschichte der Lyrik veranschaulichte er deren Begriff und Werdegang.
Lyrik stammt aus dem griechischen „lyra“ (gesungenes Lied). Weiters erwähnte er deren Bedeutung im Mittelalter mit dem höfisch-ritterlichen Minnelied und der Spruchdichtung bis herauf nach der Zeit nach Martin Luther über den Barock bis hin zur modernen Lyrik. Die Gattung Lyrik ist erst seit dem 18. Jahrhundert gebräuchlich, lyrische Texte werden auch als Gedichte bezeichnet. Über die Literaturclips des 21. Jahrhunderts sprach Hans Perting ebenso, die Lyrik der heutigen Zeit nach der Digitalisierung. Er berichtete zudem über eine Umfrage in Deutschland des Meinungsforschungsinstitutes „polis“ vom März 2005. Die Lyrik schnitt dabei nicht gut ab.
„Zu hören und zu lesen, was junge Frauen von heute zu sagen haben, und wie sie es uns mit ihrer Lyrik mitteilen“, das bietet dieses kleine Kulturforum in Mals, das am ersten Abend aber schon ganz groß gewirkt hat. Dicht gedrängt saßen die Leute auf den Stühlen, auf Bänken, auf dem Boden oder standen und hörten gebannt zu. Eine Frau aus Mals sagte am Ende der Lesung: „Schade, ich hätte noch länger zugehört.“
Ruth Schönthaler hatte den Raum dekoriert; sie ist in der Bibliothek Mals tätig. Das Motto „dichter-innen-lesen“ stammt von Autorin Selma Mahlknecht. Nach den jeweiligen Lesungen wird die Lyrikanthologie gegen eine freiwillige Spende angeboten. (dany)

Der Vinschger 3/06

Lyriktage in Mals

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dichter innen lesen – Lyriktage in Mals

Lyriktage in Mals beginnen

Mals – In der Bibliothek in Mals werden am Donnerstag, 9. Februar, um 20 Uhr die „Lyriktage Mals 2006“ eröffnet. Sechs junge Frauen stellen ab dem 9. Februar bis Ende bis April in zweiwöchigem Rhythmus ihre lyrischen Arbeiten vor. Den ersten Lyrikabend am 9. Februar bestreitet Tanja Raich (Lana und Wien). Die weiteren Abende (immer mit Beginn um 20 Uhr in der Bibliothek) finden am 23. Februar (Kathrin Mayr, Laatsch und Wien), am 9. März (Lussy Cologna-Polizeli, Prad am Stilfser Joch und Brasilien), am 23. März (Selma Mahlknecht, Latsch und Wien), am 6. April (Maria Raffeiner, Tschengels und Wien) und am 21. April (Sandra Stigger, Reschen und Urbach) statt. Jede Frau gestaltet ihre Lesung nach eigener Vorstellung.
Veranstalter der Lyriktage sind Hans Perting–Buchwerkstatt (Johannes Fragner Unterpertinger) und der Bildungsausschuss. (sepp)

NSTZ 20.01.2005

Neue Südtiroler Tageszeitung, vom 20.01.2005

Provinz-Verlag

Der Kranich als Hörbuch

3.319 Exemplare hat Hans Perting von seiner vielgelobten, 2000 im Provinz-Verlag erschienenen Erzählung „Der Kranich“ verkauft. Damit nimmt Perting, mit bürgerlichem Namen Johannes Fragner-Unterpertinger, zweifelsfrei einen der oberen Ränge in der Verkaufsstatistik von Südtiroler Belletristik ein, wenn er icht überhaupt die Spitzenposition behauptet. Helmuth Schönauer schreibt über die Erzählung:

„Bestechend ist der Ton der Erzählung. Vom ersten Satz an ist klar, daß hier Dichtung gemacht wird, man hört die schweren Schnitzeisen zwischen den Dialogen arbeiten. „Der Kranich“ ist eine sehr gelungene Erzählung geworden.“ Perting, 1963 in Mals geboren, wo er die Gerichtsapotheke betreibt, ist literarisch äußerst produktiv. Ab dem 15. Lebensjahr hat er Veröffentlichungen mehrerer kleiner Geschichten und Artikel in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften aufzuweisen. Seit 1993 bringt er fast jährlich einen Roman, eine Erzählung oder Kurzgeschichten heraus. Die bekanntesten „Der Feuerbusch“, „Ölbaum und Zypresse“, „Der Kranich“ und zuletzt „Des Purpurhutes“. Von Anfang an sitzt er auch im Vorstand des Provinz-Verlages und organisiert literarische Veranstaltungen.
Seinen Bestseller „Der Kranich“ gibt es ab sofort auch als Hörbuch in einer Doppel-CD. Der Schauspieler Karl-Heinz Macek liest Pertings poetische Prosa mit gewohnt sonorer Stimme.

NSTZ 08.01.2005

Neue Südtiroler Tageszeitung, vom 08.01.2005

Vinschger Literatur

„Der Kranich“ als Hörbuch

(cl) Der Kranich, nach der gleichnamigen Erzählung von Hans Perting, auch bekannt als Johannes Fragner-Unterpertinger, seines Zeichens Apotheker in Mals, ist jetzt auch als Hörbuch erschienen. Der Schauspielerfreund Pertings, Karl-Heinz Macek, liest aus dem Werk, das als eines der besten Bücher eines Südtiroler Autors der letzten Jahre bezeichnet wurde. Knapp, wortkarg wie das Leben und bestechend im Sound der Erzählung. Helmuth Schönauer von der Universität Innsbruck und Kultur-Redakteur „Neue Südtiroler Tageszeitung“, Bozen, sagte vom Autor: „Perting hält uns in diesem Epos die geistige Heimatlosigkeit vor Augen, die es zu überwinden gilt“. Und Herbert Rosendorfer: „Dieses buch bleibt eine Überraschung: wohltuend anders in der inhaltlichen und formalen Gestaltung, traut sich hier einer, zu dichten, eine Geschichte zu erzählen“. Erschienen im „Provinz-Verlag“ und sind in jeder guten Buchhandlung zu bestellen: ISBN 88-88118-21-4 oder direkt über den Verlag FAX (0039-)0472-801189, Email: info@provinz-verlag.com oder online auf der Homepage: www.provinz-verlag.com.

Kulturelemente 2004

PRESSESTIMMEN
Des Purpurhutes - Hans PertingAus dem Südtiroler Magazin „Kulturelemente„, Nr. 50, Dezember 2004

von Helmuth Schönauer

Mystischer Krimi

Hans Perting: Des Purpurhutes, Roman
Provinz Verlag , Brixen, 2003
In unseren Gegenden führen Klöster meist ein beschauliches Dasein, wenn darin nicht gerade Ministrantenschändungen oder Landesausstellungen stattfinden. In der Literatur gelten Klöster als Hort von Bibliotheken und spätestens seit Umberto Ecos Weltbestseller „Der Name der Rose“ als idealer Schauplatz für einen Krimi.
Hans Perting hat seinen Klosterkrimi einen aufregend- schrägen Titel verpasst: „Des Purpurhutes“. Da denkt man zuerst an das afrikanische Volk der Hutus, an einen französischen Purpurträger oder einen formidablen Grammatikfehler.
Aber es geht um etwas ganz anderes: „Des Purpurhutes“ ist eine verstümmelte Formulierung aus der Apothekersprache und zeigt jene mysteriöse Pflanze an, mit der fallweise subkutan und unter der Kutte gemordet wird.
Der Roman spielt auf zwei Kontinenten und zwei Zeitebenen. Einmal sind graphisch auffällig rote Blätter eingebunden, die eine Kulturgeschichte Afrikas erzählen. Diese Geschichte lässt sich eigenständig als jene Folie lesen, auf der sich die Missverständnisse und Eigentümlichkeiten im Verhältnis von Europa und Afrika spiegeln. Im Sinne der mündlichen afrikanischen Literatur ist dieser Text atemlos als Referat in Schlagzeilen gehalten.
Im Kriminalteil hingegen geht es um ein verschwundenes Fresko, das überall, wo es auftaucht, Verwirrung auslöst. Immerhin sind darauf die letzten Dinge zu sehen, freilich verschlüsselt und verschlungenin Zahlenmystik. Natürlich geht in einem Kloster alles, was man angreift oder anschaut, auf das Mittelalter zurück. So sind auch die beiden Kriminalbeamten, die den Fall des verschwundenen Freskos aufrollen, ständig mit verwinkelten Schachzügen der Vergangenheit konfrontiert – dabei verwenden sie für ihre Recherchen und Dispute das schnellste Medium, das Internet.
Die Protagonisten rollen den Fall eher aus privater Suche nach Lebenssinn als aus moralischen Gründen auf. Für die Einschätzung der Lage spielen immer auch ihre Lebenserfahrungen in Afrika eine Rolle. Im Mail-Disput entwickeln sie dabei eine eigene Strategie der Kriminalrecherche.
Hans Perting hat auf das Verhikel des Kriminalromans allerhand Essays, Lageberichte und kulturgeschichtliche Exkursionen gepackt. Für den Leser hat das den Vorteil, dass man immer wieder zu einem Plot zurückgeführt wird, der auch so entlegene Gebiete wie Zahlenmystik, Heilkunde oder Klosterbruderschaft halbwegs logisch erschließt. Die Hauptbotschaft könnte lauten: Jeder von uns ist in einem Krimi unterwegs, wenn er nur die Spurensuche zu sich selbst aufnimmt.

Dolomiten 22.09.2004

PRESSESTIMMEN

Dolomiten Interview vom 22.09.2004:


Von kleinen Wünschen, großem Denken und dem Warten auf das Leben

Die Tarnkappe suchen und finden

Das Haus Nummer 1 am Peter-Glückh-Platz im Zentrum von Mals ist das Apothekerhaus. Ein stattliches Gebäude, in dem außer der Heilkunst manch andere Kunst lebendig ist. Zum Beispiel die Schreibkunst: Der Apotheker Johannes Fragner-Unterpertinger schreibt Romane, Erzählungen und Kurzgeschichten. Unter dem Namen Hans Perting. Belesen und gesprächig wie er ist, sind seine Geschichten voller Esprit und Überraschungen.

„Dolomiten“: Sprechen, Formulieren, schreiben liegt Ihnen. Sie sind kompetent und – wie ich meine – mit Freude dabei. Nun gelten die Vinschger nicht gerade „von leichter Zunge“. Woher kommt Ihr Talent?

Johannes Fragner: Sofern man überhaupt von Talent sprechen kann, und nicht eher von Belastung… Ich bin nämlich logorrhoisch veranlagt, leide also an pathologischem Redefluss, und daher rührt wahrscheinlich auch mein unstillbarer Schreibfluss. Spaß beiseite, wenn Talent vorhanden ist, habe ich es von der Großmutter mütterlicherseits geerbt, von der Hilda Preindlsberger aus Glurns, Richterstochter, hochbegabt, hochintelligent. Auch meine Eltern waren immer gute Geschichtenerzähler. Und eine Kindheit voller Märchen und Geschichten ist prägend. Auch lange und ausdauernde Kopfarbeit steht hinter jedem Schreibprozess.

„Dolomiten“: Der „Feuerbusch„, erschienen 2000, hat Tempo. Die Art Protokollform wirkt suggestiv, so dass man vergisst, dass es sich um ein Spiel handelt.

J. Fragner: Protokollform gefällt mir nicht. Vielmehr versuche ich, weil ich ja nicht ums Maul schreiben muss, die Sprache dem Inhalt anzupassen. Im „Feuerbusch“ wollte ich den geographischen Weiten sprachlich gerecht werden. Solche habe ich in Peru erlebt, ich meine die geistigen Weiten. Und in solchen Weiten hat viel Platz.

„Dolomiten“: Vieles, was literarisch von Wert ist, transformieren Sie.

J. Fragner: Dieses Wertvolle ist für mich. das Ausschlaggebende. Über das Schreiben setze ich mich mit dem auseinander, was mein Leben erfüllt. Gedanken zum Leben des Menschen an sich und zu meinem eigenen.

„Dolomiten“: Heuer ist „Des Purpurhutes“ erschienen, nach dem „Feuerbusch“ und dem „Kranich„. Sie holen weit aus, auch die Provinz bringen Sie ein, Kaltern, Vinschgau. Braucht es solche Bodenhaftung?

J. Fragner: Wahrscheinlich ja. Im Sinn von „fester Boden“. Von dem man ausgehen kann. Und ich werde nicht müde, den ehemaligen ungarischen Staatspräsidenten Dr. Àrpàd Göncz zu zitieren, als er 1999 die Frankfurter Buchmesse eröffnete: „Gute Literatur muss die Welt erweitern. Das gelingt der wahren Literatur, weil sie ortsgebunden ist. Gute Literatur ist immer provinziell, spielt in einem Dorf, in einem Haus, in einem Stockwerk. Nur wer sich dem Besonderen zuwendet, kann darin auch das Allgemeine finden.“ Unser Verlagspräsident Dr. P Bruno Klammer formulierte fast zeitgleich dieselben Gedanken, formulierte und gründete einen Verlag, der „Provinz-Verlag“ getauft wurde.

„Dolomiten“: Sie erwähnen den Provinz-Verlag.

J. Fragner: Ich möchte nicht nur selbst schreiben, sondern auch andere unterstützen. Der Provinz-Verlag ist eine soziale Genossenschaft ohne Gewinnausschüttung. Und als Mitglied des Provinz-Verlages bin ich auch Mit-Verleger. Dann gibt es noch die Hans-Perting-Buchwerkstatt, wo unabhängig Autoren herausgebracht werden. Die Bücher gibt es nicht im Buchhandel, und die Buchwerkstatt ist eine Starthilfe für das erste Buch.

„Dolomiten“: Ihr Erzählton hat etwas Leichtes, Schwereloses. Doch gibt es ein durchdachtes Konzept für die literarische Form.

J. Fragner: Mein Versuch ist es, Sprache und Inhalt in Übereinstimmung zu bringen. Entsprechend zu den landschaftlichen Weiten des „Feuerbuschs“, musste ich zum Beispiel im „Kranich“ die kleine, karge und
eben auch wortkarge Welt, die „fünf Stunden lang ist“, in einer aufs Äußerste verknappten Sprache beschreiben. Diese kleine Welt existiert in einem imaginären Seitental des Vinschgau. Im Sinne von Göncz sind Überschaubarkeit und Urbanität mit im Spiel, wenn etwas dauern soll.

„Dolomiten“: Vom Stoff her ist der „Kranich“ fast volksstückmäßig angelegt. Grafen, Schmuggler, Pfarrer, unehelicher Sohn …

J. Fragner: Es sind Randfiguren. Weil Rand-, Grenz-, Minderheitensituationen stärker herausfordern als der Normalfluss der Dinge. Ich glaube, dass auch durch Nebenfiguren die Hauptfiguren Farbe bekommen: Dem Raetho Klammsteiner, in seiner kleinen Welt zum Beispiel, offenbart sich auch der Sinn der Geschichte, des Lebens. Ich halte es mit Dr. Göncz und bin überzeugt, dass gerade Lokalkolorit den Stil schafft. In der neueren Literatur des Vinschgau fällt überhaupt die Liebe zum Eigenen, zum Regionalen auf. Es ist eine selbstbewusste Annahme der Lokalgeschichte. Bei Angerer, Baldauf-Kraushaar, Müller etc. – jeweils unter anderen Perspektiven …

„Dolomiten“: Und dann sind es die Figuren, die das erste Interesse des Lesers auf sich ziehen.

J. Fragner: Stimmt. Und deshalb schreibe ich beispielsweise in allen meinen Büchern einen Refrain: Nach welchen Mustern entwickelt sich ein Leben? Gibt es gute oder böse Menschen? Sind es die Umstände, die einen Menschen zu einem guten oder bösen Menschen machen? Dieser Refrain wiederholt sich. Im Übrigen geh‘ ich selber ja mit offenen Augen und Ohren durchs Leben. Ich bin einer, der das, was geschieht, auf eigene Weise durchdenkt, bearbeitet, verarbeitet. Ich versuche zu erkennen, in welchen wechselseitigen Bezügen Menschenleben ablaufen, was das Leben mit uns treibt, wohin es uns treibt. Als Erzähler beschreibe ich dann das Schicksal solcher Figuren. Auch aus der Geschichte schöpfe ich. Das bietet sich an. Und die Gefühle des Lesers speisen sich aus der Anteilnahme am Erleben und Geschick der Figuren.

„Dolomiten“: Die Muster des Lebens: Eigentlich sind Ihre Protagonisten durchwegs hochmoralisch, geistreich. Modrow ist Kriminalist, Pomella ist „Schuldiger“, am Ende auch Raetho Klammsteiner …

J. Fragner: Was ist Moral? Das ist die Frage. Die eigentliche Moral schreibt das Leben. Das Leben selbst ist ein ethischer Verlauf von Zusammenhängen, Stimmigkeiten, Unstimmigkeiten … Leben ist Liebe, Hass, Rache, Verzeihung … Ich stelle mir und dem Leser die Frage, ob es „Muster“ gibt, Lebensmuster, ob es Zufälle gibt, Schicksal, Geschick, Zusammenhänge? Der Leser hat es ja beim Verstehen der Figuren zu einem wesentlichen Teil nicht nur mit Fremdem, sondern auch mit sich selbst zu tun.

„Dolomiten“: Da komme ich auf die Mystik und die Mythen in Ihren Büchern. Die Muma Veglia im „Kranich“ fällt mir ein, der Inka-Mythos im „Feuerbusch“, die Zahlenkombinationen im „Purpurhut“.

J. Fragner: Auch in den mystischen Zahlenspielen der Völker erkenne ich Muster und Zusammenhänge, vielleicht auch ein höheres Wirken des „unbekannten Gottes“. Stichwort Clavicembalo ben temperato von Johann Sebastian Bach – Aufbau der Kollagenstruktur unserer Haut. Die Fibonaccizahlen. 4:2:1-Resonanzen im Weltall. Auch ist in meinen Büchern kein Name nur zufällig verwendet: Vittorio = Viktor = der Sieger. Diotallevi = Gott ziehe dich auf. Raetho = der Räter. Balthasar = Gott schütze dein Leben. Abel = der Hauch, die Vergänglichkeit. Noelle =die Botschafterin. Giovanni, Johannes = Gott ist gnädig.

„Dolomiten“: Nun ist zum Beispiel die Situation des Walter Pomella ziemlich surrealistisch, auch absurd: Das Unsichtbar-Werden, die Mistwürmer, die Kerker-Situation.

J. Fragner: Es ist wie im Märchen vom Wolf und den sieben Geißlein. Alle Geißlein findet und frisst der böse Wolf. Nur das siebte Geißlein, das sich im Uhrenkasten versteckt, findet er nicht. Der Uhrenkasten wird für mich zum Symbol von Raum und Zeit. Im Uhrenkasten ist das Geißlein eben außerhalb von Raum und Zeit. Und so kann es der böse Wolf nicht finden. Also erfinde ich für Walter Pomella als Geburtstagsgeschenk eine Tarnkappe, die ihm der mythische König Laurin schenkt, damit sich Pomella in Zeiten der Irrung und Wirrung zurückziehen kann. Um innehalten zu können, nachzudenken, zu reflektieren. Die Tarnkappe ist der Uhrenkasten, der in den Lebenssituationen einfach da ist. Diese Tarnkappe, die jeder ein bisschen in sich suchen und finden sollte, hilft an der Grenze zwischen dem Diesseits- und dem Jenseitsland. Sie ist hilfreich für eine Antwort auf die Frage, ob und wie sich das Leben entwickelt. Und der Autor kann da eingreifen, er kann ironisieren, Systeme, Ambivalenzen aufs Korn nehmen.

„Dolomiten“: Eine alte Frage ist, ob die Inszenierung der Figuren Auseinandersetzung mit der eigenen Personalität bedeutet.

J. Fragner: Mir geht es um die Auseinandersetzung mit dem Menschen. Mit dem Leben des Menschen, mit seinen Freuden, mit seinem Leiden. Der Mensch ist interessant. „Ölbaum und Zypresse“ war mein erstes veröffentlichtes Werk, da ist Autobiografisches drinnen. Ein autobiografisches Werk, eines, ist vielleicht legitim. Aber die reine autobiografische Literatur halte ich für eine unerträgliche Nabelschau. Ich will Dr. Àrpàd Gönczs Worte verfremden: Wer sich nur dem eigenen Nabel zu wendet, findet weder allgemein Gültiges noch Besonderes. Wollte man nur autobiografisch schreiben, müsste man ein genialer Autor sein, und der bin ich nicht.

„Dolomiten“: Es fällt auf, dass Religiosität, Religion, religiöse Institutionen stark vertreten sind. Affinität oder geistige Waffe?

J. Fragner: Beides. Affinität und geistige Waffe. Man nimmt das Wort „Gott“ leicht in den Mund. Schon als Kind war ich fasziniert, wenn ich gehört habe, dass die alten Römer, nachdem sie all ihren Göttern geopfert hatten, am Ende der Zeremonie auch noch dem „Unbekannten Gott“ dankten und opferten. Diesen „Unbekannten Gott“ frage ich, ob es ihn gibt, wo er ist, nach welchen Vorgaben und Mustern sich ein Leben entwickelt Ich kenne die Bibel recht gut, ich habe mich durch viele Werke über die großen und die vielen kleinen Religionen gelesen. Fast alle diese Bücher sind durchtränkt vom „Unbekannten. Gott“. Den ich lieben kann und hassen, zugleich.

„Dolomiten“: Stichwort Liebe: Liebesszenen bekommen Sie schön hin. Ästhetisch, möchte ich sagen.

J. Fragner: Ich war zeit meines Lebens Romantiker. Und ich bewahre mir die Sensibilität, die Fähigkeit, bei einem wundersamen Sonnenaufgang betroffen zu sein, beim Betrachten eines Tautropfens auf einer wunderbaren Blüte, beim Lächeln eines Kindes, beim betörenden Blick einer schönen Frau, beim Verlöschen eines Lebens …

„Dolomiten“:Überhaupt haben Ihre Bücher ein unverwechselbares Kolorit: Melodie, Denken auf mehreren Schienen, verschiedene Disziplinen.

J. Fragner: Eine Grundlehre meines verehrten Lehrers Dr. P. Bruno Klammer lautet: Zusammenhänge erkennen, denken auf mehreren Ebenen. Aber nicht da stehen bleiben, sondern noch vernetzen, verbinden. Und wichtig: überprüfen, was geht. Also Mögliches anpacken, Unmögliches ausscheiden. Das ist spannend. Und was die Melodie betrifft: in einer Kritik ging die Rede von „Singsang“.

„Dolomiten“: In Mals sind Sie nicht nur der Apotheker, der schreibt, Sie kümmern sich auch eingehend um Denkmalpflege. Zurzeit um die Restaurierung des Fröhlichsturms. Aus den Büchern weiß man, dass Sie von der Geschichte sehr angetan sind.

J. Fragner: Mein Credo hierzu ist im „Kranich“ niedergelegt. Ganz am Ende, im allerletzten Absatz heißt es: „Wir müssen versuchen, die wenigen Gesetze zu erkennen, die in den weiten Zeiträumen der Geschichte walten, und wir müssen dann auch demütig versuchen, unsere persönlichen Wünsche und Vorstellungen der größeren Erkenntnis unterzuordnen.“ Für mich ist es moralischer Auftrag, Mögliches zu versuchen. Im Beruf als Apotheker das Beste zu geben, mit Leidenschaft zu schreiben, Bücher herauszugeben, ein Kirchlein zu retten, einen mittelalterlichen Turm zu restaurieren. Das spornt mich an. Denn „Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen“, lässt Goethe den Engelchor singen. Und Faustens Seele dem Teufel entreißen.

„Dolomiten“: Kultur: Finden Menschen darin ihr Innerstes verwirklicht?

J. Fragner: Für mich trifft es in hohem Maße zu. Aber die Liebe, im weitesten Sinne, möchte ich auf eine noch höhere Stufe heben.

„Dolomiten“:Man weiß nicht, was Menschen umtreibt. Ihnen scheint alles leicht von der Hand zu gehen. Landläufig käme jetzt die Frage nach dem Geheimrezept.

J. Fragner: Es gibt keines. Vielleicht ist mein inneres Lächeln, das aber auch aus vielen und tiefen Abgründen stammt, mein Erfolgsrezept. Eines jedenfalls erfahre ich immer wieder: Je mehr ich gebe, desto mehr bekomme ich an Geistigem zurück.

„Dolomiten“: Was als nächstes kommt, verraten Sie das?

J. Fragner: Eine Erzählung. die im Rom des Jahres 1942 spielt.

Das Interview für die Dolomiten führte:
Claudia Theiner